Erdbeben und Sushi

Jetzt sind wir also in Japan…

Unglaublich, aber wahr. Im Flieger nach Osaka errieche ich schon den mir bereits bekannten Geruch Japans. Freudig steigen geruchsbedingt die gesamten Erfahrungen und Erinnerungen meiner letzten Japanreise auf.

Vor 2 Jahren im Frühling, für mich und meine Schwester das erste Mal Japan. Und heute mein zweites Mal, für meinen Freund die Premiere. Ich bin gespannt wie es ihm gefällt.

Dieses Mal werden wir bei unserem Freund Rusto und seiner Familie in Shiga wohnen, den wir bei unserer ersten Japanreise kennengelernt haben und der mittlerweile wie ein Bruder für mich ist.

Am Flughafen Osaka ewig lange Umarmungen beim Wiedersehen, ich liebe das.

Julia meine liebe Freundin und Shiatsu Kollegin ist auch da. Sie war letzten Monat im Muttertempel unserer Naikido Shiatsu Schule in Japan meditieren und Naikan üben und nun treffen wir uns in Japan, wie aufregend. Wir haben noch vier gemeinsame Tage dann wird sie ihre Heimreise nach Wien antreten.

Wir sind also nun abgeholt, steigen in Rusto’s Hightech Auto und werden sofort mit lustigen Geschichten und WiFi Hotspot versorgt. Es dauert nicht lange und wir stehen im Stau, aber so richtig. Wir brauchen für einen Weg vom 10 Minuten 2 Stunden, weil einfach nichts weiter geht.

Und wieso eigentlich? Erdbeben in Osaka, angeblich Stärke 5, Highways und Züge sind sicherheitsbedingt gesperrt. Rusto telefoniert immer wieder mit seiner Frau und informiert sich über die aktuelle Lage. Bei ihm im Auto fühlen wir uns sicher. Es wirkt fast so, als würde das Erdbeben für ihn nicht wirklich beängstigend sein und so ist es für uns auch. Erst als ich mein Handy aufdrehe und all die besorgten Nachrichten von Freunden und Familie lese, die fragen, ob es mir gut geht wird mir bewusst, dass wir mit Schutzengeln einfach quer durch Osaka gefahren sind ohne Angst und Panik. Wir wollten sogar noch das Schloss in Osaka besichtigen und wurden von einem besorgten japanischen Parkhauswächter mit den Worten „no parking, please go out“ verscheucht. Während ich und mein Freund auf der Rückbank des Autos jetlagbedingt ins Träumeland eintauchen, führt uns Rusto sicher in sein zu Hause. Am Heimweg noch ein kurzer Stopp bei einem Takoyaki Shop. Wir bekommen ein Zimmer im zweiten Stock seines Hauses das ich bis jetzt nicht kannte.

Und nun werden Geschenke ausgetauscht. Was für ein Wiedersehen und tausend Erinnerungen an die Erlebnisse vom letzten Mal hier wohnen.

Rustos Frau und Töchter freuen sich über die Mitbringsel aus Wien und verschwinden typisch japanisch mit ihren Geschenken in der Küche. Rusto schenkt mir ein Schiff aus Bambus in welchem ich in Zukunft meine Blumen Ikebanas in der Praxis am Feilplatz präsentieren möchte. Als wir es uns im Zimmer gemütlich machen merke ich, wie noch mal eine große Portion Stress von mir abfällt.

Wir haben hier jetzt ein zu Hause. Wir trinken Bier und essen Takoyaki in Rustos wunderschönem Wohnzimmer mit der japanischen Feuerstelle „Irori“. Nach einem gemeinsamen Spaziergang im umliegenden Wald kehren wir verzaubert zum Haus zurück. Ein Reh haben wir auch aufgescheucht, es hat einen komischen Quietschlaut gemacht, kenn ich nicht aus Österreich.

Nach einer kurzen Pause zu Hause beschließen wir Sushi essen zu fahren und danach Ruhe zu geben. War doch ein langer Tag mit Anreise. Im Sitzen schlafen ist eben doch nie wirklich schlafen, sondern eher eine Art Eindösen, um dann bei jedem Geräusch und Ruckeln aufzuwachen mit dem Gefühl „Habe ich überhaupt geschlafen?“

Das Sushi Lokal kenne ich vom letzten Besuch hier. Es ist sehr günstig ca. 1 € pro Sushi Teller. Sushis werden hier immer als Paar serviert. Das geht deshalb so billig, erklärt Rusto, weil es im ganzen Lokal keine Kellner gibt.

Wir ziehen am Eingang eine Nummer, es ist die 57 und setzen uns, für Japan üblich, auf die Wartebank neben mindestens 10 wartende JapanerInnen. Geduldig warten wir auf den Aufruf „goyunana“ 57 auf japanisch. Rusto erklärt je beliebter und besser ein Restaurant in Japan desto länger die Schlange. Folglich erkennt man hier gute Lokale an der Länge der Schlange vor dem Lokal, das ist etwas anders als daheim.

Ich schaue immer wieder in das herrlich fragende und verwunderte Gesicht meines Freundes Maxi, während aus einem Lautsprecher ein Japaner die wartenden Nummern, den kürzlich freigewordenen Tischen zuordnet und brüllt.

Nun endlich der gebrüllte Aufruf „blablabla…goyunana“, Rusto springt auf, wir folgen ihm. Ich hätte nichts verstanden, viel zu schnell…

Wir bekommen Tisch Nummer 1 und fühlen uns beim Betreten, der uns zugeteilten Essecke wie Gewinner. Wir nehmen Platz, Julia und Rusto teilen geübt die sich am Tisch befindlichen Becher aus und befüllen sie mit Matchapulver und heißem Wasser. Jeder bekommt Stäbchen und Soyasauce und schon geht die Schlacht los. Es ist saulaut hier, die Geräuschkulisse ähnlich eine Spielhölle, dauernd klingelt und blinkt irgendeine Maschine. Rusto beginnt wild auf dem Touchscreen herumzudrücken mit den Worten an Maxi gerichtet „you have to try all, if you don’t like, I eat it for you, don’t worry“. Ich versichere Maxi mit dem fragenden Blick, daß Rusto sein Wort halten wird und so geht das mutige Auskosten neuer fremder Geschmäcker los.

Maxi hat einen guten Einstieg mit Avocado/Garnelen Sushi mit Rettichgarnitur, es schmeckt ihm. Sehr sogar. Wir probieren alles, bis wir sehr voll sind. Der Großteil ist phänomenal gut.

Mein grauslichstes Sushi war eines mit Krabben-Mus?, es war aber schluckbar, also nicht so schlimm. Julia, die Mutige probiert tapfer Nattosushi, das rühre ich nach meiner letzten Reise nicht mehr an. Keine 10 Pferde bringen mich zum Nattoessen.

Ich bin wirklich sehr offen was neue Geschmäcker betrifft, probiere immer alles möglichst ohne Vorurteile aus. Aber Natto „wuuuuuaaahhhh“, davor gehört meiner Meinung nach die Menschheit gewarnt. ?

Rusto steckt das 2. Nattosushi in seinen Mund, die klebrigen Fäden ziehen sich, ich versteh die Welt nicht mehr. Wie kann man das essen?

Maxi wird bereits vom Geruch halb übel, er lehnt dankend ab. Julia schluckt tapfer und isst ein Sushi mit Mais nach, als Rettung. Tapfer, ich konnte Natto nicht schlucken, obwohl ich echt wollte, es ging einfach nicht.

Unsere Teller „spülen“ wir in einer Versenkungsvorrichtung im Tisch runter. Sie kommen genau wie die Sushi über ein Förderband direkt in die Spülmaschine erklärt Rusto, wenig Kosten für Personal, darum gibts hier billiges Sushi mit Topqualität. Pro runtergespülten 10 Tellern gibts am Touchscreen ein Gewinnspiel mit Animefiguren.

Maxi gewinnt ein Miniatursushi. Wir essen gemeinsam 30 Teller (60 Sushi) spielen drei Gewinnspiele und sind satt.

Zufrieden und glücklich verlassen wir das Lokal.

Beim Heimfahren machen wir einen kurzen Abstecher über eine singende Brücke. Wenn man mit dem Auto drüber fahrt, hört man eine Melodie. Durch die sich ändernde Kanalbreite kommt dieser Song zustande, faszinierend und lustig.

Nun zuhause angekommen begeben wir uns in die Waagrechte, um endlich normal zu schlafen. Tag 1 in Japan ist vorbei, ich freu mich so wieder hier zu sein!

Liebe Grüße

PiaIMG_20180621_001603_871 IMG_20180621_001532_769